Klimawandel:Extreme Regenfälle schaden der Weltwirtschaft

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Starke Regenfälle haben im Januar den Nordwesten der USA teilweise lahmgelegt. (Foto: Ted S. Warren/dpa)

Unter mehr und starken Niederschlägen leiden Industrieländer wie Deutschland besonders, haben Klimaforscher errechnet. Wie kommen sie zu dieser These?

Von Benjamin von Brackel

Als Wirtschaftsfaktor galt Regen hierzulande bislang nicht gerade - es sei denn, er blieb aus. Die Flutkatastrophe im Westen Deutschlands im Juli 2021 hat allerdings vor Augen geführt, wie sehr die Wirtschaft unter Starkregen leiden kann: Brücken, Straßen und Gleise wurden überspült und teilweise weggerissen, Wohnhäuser und Geschäfte beschädigt oder zerstört. "Der Einfluss von Niederschlägen aufs Wirtschaftswachstum wurde bislang stiefmütterlich behandelt", sagt Leonie Wenz vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

Dabei konnten Klimaforscher vergangenes Jahr bereits einen weltweiten Anstieg von Starkregenfällen nachweisen. Mit fortschreitender Erderwärmung dürften diese noch weiter zunehmen, da warme Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abregnen kann. Das dürfte auch zu mehr Schäden führen.

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Mit zwei Kollegen hat Wenz für über 1500 Regionen in insgesamt 77 Ländern berechnet, wie eine Veränderung von Niederschlägen seit 1979 das Wirtschaftswachstum beeinflusst hat. Das Ergebnis der Analyse ist nun im Fachjournal Nature erschienen. Demnach wirkten sich vor allem mehr Starkregen und mehr Regentage im Jahr negativ aus - und das vor allem in Industrieländern wie Deutschland.

"Jede Art der Unbeständigkeit erschwert die Planungssicherheit."

Die Klimaforscher hatten historische Wetterdaten mit der Entwicklung des Wirtschaftswachstums in einzelnen Sektoren und Regionen verglichen. Auch bei den Niederschlägen sahen sie genau hin: Statt nur jährliche oder monatliche Regenmengen in den Blick zu nehmen, wie in makroökonomischen Analysen von Klimafolgen üblich, zählten sie auch die Regentage sowie die Tage mit extremen Regenfällen im Jahr. Erst mit diesem engeren Fokus ließen sich die Folgen fürs Wirtschaftswachstum realistisch abbilden, so die Autoren.

Warum aber zeigten sich die Industrieländer anfälliger? Wenz und ihre Kollegen erklären das damit, dass insbesondere der Industrie- und Dienstleistungssektor laut der Daten unter einer Zunahme von Starkregen sowie Regentagen gelitten habe und die beiden Sektoren in den eher agrarisch geprägten Entwicklungsländern weniger stark ausgeprägt seien.

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Wie aber passt das mit den massiven Ernteausfällen zusammen, die aufgrund von Starkregenfällen längst auf der Welt zu beobachten sind? Wenz will diese gar nicht abstreiten. Nur habe sich der Effekt von täglichen Niederschlagsanomalien auf die Landwirtschaft eben im statistischen Vergleich nicht so stark gezeigt. Das könnte auch daran liegen, gibt sie zu bedenken, dass ein Einbruch in der Getreideernte mit Preissteigerungen wieder ausgeglichen und deshalb mit dem Finanzertrag nicht abgebildet werden konnte.

Das Erstaunlichste an den Ergebnissen sei ohnehin, dass sich im Industrie- und Dienstleistungssektor überhaupt so starke Effekte zeigten, so Wenz. Für Starkregen ist das noch einigermaßen erklärbar: Man denke an Baustellen, die stillstehen, an überflutete Straßen und Bahngleise, die den Verkehr lahmlegen, oder gar an Zerstörungen wie im Juli 2021. Was die einfache Zunahme an Regentagen angeht, ist der Effekt weniger verständlich. Die PIK-Forscherin sagt dazu: "Jede Art der Unbeständigkeit erschwert die Planungssicherheit."

Sowohl zu wenig als auch zu viel Regen scheinen sich also negativ auf die Wirtschaftsleistung auszuwirken. "Wir sind gut angepasst an das Wetter, das bislang vorgeherrscht hat", sagt Wenz. "Gibt es starke Abweichungen von der Norm, bekommen wir Probleme."

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